Ein weiter Weg VI
Hanau, 16.18.2020 - 08:13 Uhr - Artikel von: Chas York - Lesedauer: Joa, des kann scho' etwas dowern!
Auf meiner langen Reise und nach der Übernachtung im Freien - was ich mir übrigens bis dato, niemals vorstellen konnte - ging ich nach "Hause", um die Nacht in unserer Mansarde zu verbringen. In einer Dachgeschossbehausung, die es ganz schön in sich hatte. Bei dem, was ich dann aber dort herausgefunden hatte, wollte ich auch nicht mehr wirklich dort verweilen. Aber manchmal gab es Situationen, die konnte man nicht ändern, weil es anfing zu gewittern und bei solch einem Wetter, würde ich den Teufel tun und draußen übernachten. Ich hasste Gewitter... naja, sagen wir es so... ich hatte Angst davor.
Nun saß ich dort oben, ohne Fernseher und ohne Freizeitbeschäftigung. Außer meinem Tablet und meinem Laptop, hatte ich nichts Gescheites dabeigehabt. Aber ich verbrachte meine Zeit damit, mich in unser WLAN einzuhacken. Dazu brauchte es auch nicht sonderlich viel Fingerspitzengefühl, sondern es genügte lediglich, meine Geräte entsprechend, einzuschalten. Unser DSL-Router, welcher auf meinen Namen lief, funktionierte ausgesprochen gut und ich bekam sogar Netz, auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Naja und dann, schüttete ich mein Herz, mit einer E-Mail an meinem Ex aus. Wieso ich dies machte, obwohl zwischen uns eigentlich schon Hopfen und Malz verloren waren, war mir ein großes Mysterium. Ich tat einfach das, wonach mein Herz sich sehnte und dies war eben, ihm eine E-Mail zukommen zu lassen. Ohnehin war ich mir sicher gewesen, dass er sowieso diese Nachricht nicht lesen würde. Jedoch war es mir wert gewesen, es trotzdem zu versuchen.
Irgendwann stand ich von der Couch auf, nachdem ich diese gefühlt, 10-seitige E-Mail abgeschickt hatte und räumte die Wohnung auf. Viel war ja dort nicht zum Aufräumen gewesen, aber ein bisschen Chaosbeseitigen, war schon drin gewesen. Als ich dann den Bettkasten der Couch öffnete, um dort ein paar Dinge aus meinen Augen hineinzulegen, fand ich dort ein verwendetes Kondom, der auf den Boden des Kastens gelegen hatte. Da ich genau wusste, dass ich dort oben niemals Sex gehabt hatte, konnte es nur eine logische Schlussfolgerung dazu geben. Immer wenn mein Ex unterwegs gewesen war, schien er sich dort oben wohl hinbegeben und mit seinen diversen Typen herumgeschmust zu haben. In der Vergangenheit, war dieser Fehltritt von ihm, nicht der Einzige gewesen, was mir natürlich schon klar war. Als ich dann noch ein weiteres Präservativ vorgefunden hatte, wusste ich auch, dass er mit diesem Typen dort oben gewesen sein musste. Mit dem Gedanken, wie er es dort mit ihm getrieben hatte, konnte ich nicht leben und ich ging zu ihn herunter, um ihn zur Rede zu stellen. Jedoch verlief dieses Gespräch völlig in den Sand, sodass ich kurzerhand wieder, das Haus verlassen hatte, um spazieren zu gehen. Es war mit Abstand wohl eine Woche gewesen, in der ich fast täglich unterwegs war. Da mir der Kanal gut gefiel, ging ich erneut dorthin und versuchte irgendwie, eine Möglichkeit zu finden, wie ich möglichst gut geschützt, die Nacht verbringen konnte.
Bevor ich aber zum Kanal gelaufen war, landete ich irgendwie wieder, in der Innenstadt. Obwohl es an diesen Tag eigentlich gewittern sollte, schien im Stadtkern davon, noch nichts zu sehen gewesen zu sein. Ich schleckte an einem Eis herum, lief dorthin wohin ich wollte, besuchte SATURN und stöberte auch bei GALERIA KAUFHOF herum, um vielleicht etwas zu finden, dass mich interessierte. Am 15.09.2011, also fast vor einem Jahr, öffnete die Thier-Galerie ihre Pforten und auch dort, schaute ich mal ein bisschen rein. Doch als es dann dunkel geworden war und die Geschäfte alle irgendwann schlossen, stand ich dort, mutterseelen allein, in der Innenstadt herum und wollte auch nicht mehr zurück, in die Mansarde. Also legte ich mich im Schlafsack, am Telekomgebäude an die Wand und versuchte zu schlafen. Blöd war halt nur, dass noch zu viele Menschen daran vorbeigelaufen waren, die sich auch nicht gerade leise verhielten. Also schlenderte ich, wenig später zum Kanal und suchte mir eine halbwegs ruhige Stelle aus, um diesen einen Tag noch, zu nächtigen. Am nächsten Tag, so wusste ich, würde mein Vater mich zu sich holen und dann würde auch, nach meinem Weggang, kein Hahn mehr nach mir, in Dortmund krähen.
Das neue Leben?
So gegen 15 Uhr, wollte mich mein Vater von meinem alten Zuhause abholen und bis dahin, sollte ich wieder dort angekommen sein. Dies dachte ich mir zumindest, als ich meine Sachen am Kanal zusammengepackt hatte, um mich auf dem "Heimweg" zu machen. Es sollte das letzte Mal sein, dass ich dort aufkreuzen würde und ich klingelte mal wieder, oben an. Als ich an der Wohnungstür angekommen war, öffnete sein komischer Kerl mir die Tür und warf mir einen finsteren Blick zu. Zusammen hatten sie wohl eine kleine Party gefeiert, weil sie nämlich meine Sachen alle auf einen Haufen gelegt hatten, damit ich diese, bloß ganz schnell, heruntertragen konnte. Hauptsache, ich wäre schnellstens aus dem Blickfeld meines Ex verschwunden, so in etwa, kam mir diese Situation vor. Während sich mein Vater mit seiner Freundin, auf den Weg zu mir befunden hatten, gingen mein Ex und sein neuer Macker wieder, hinaus. Mir war klar gewesen, was die Zweien vorgehabt hatten.
Nachdem die Wohnungstür ins Schloss gefallen war, ging ich zum Schlafzimmerfenster und wollte ihnen hinterherblicken. Doch die kamen nicht aus dem Haus raus, sodass ich davon ausgehen konnte, dass sie stattdessen nach oben gegangen waren. Aber ich musste zugeben, dass ich meinem Ex keine Träne mehr nachgeweint hatte und mich, auf meinen Umzug vorbereitete. Ein letztes Mal, setzte ich mich an unseren Rechner und löschte meinen Account davon herunter. Auch änderte ich sämtliche Passworte und sorgte dafür, dass ich den DSL-Anschluss abmelden konnte. Irgendwie war ich mir nämlich sicher gewesen, dass mein Ex wohl nicht gewillt war, mir monatlich diesen Betrag zu überweisen. Hinzu kam ja auch, dass er mit der Stromversorgung Schindluder im Keller getrieben hatte, nachdem die DEW uns den Zugang gesperrt hatte, weil wir die Rechnung nicht bezahlen konnten. Mit einem Trick jedoch, konnte man den Hauptstromanschluss dort unten wieder einschalten, was er auch gemacht hatte. Dies würde teuer werden, dessen war ich mir sichergewesen. Glücklicherweise, lief der Vertrag nicht nur auf meinen Namen. Gegen 15 Uhr, wie versprochen, holte mich mein Vater dann ab und gemeinsam, fuhren wir zu ihm und meiner Oma, die beide im selben Haus lebten. Aber lange hielt ich es dort nicht aus. Ich brauchte wieder die Stadt um mich herum.
Umzugsantrag
Ich wohnte von August, bis zum Oktober 2012 bei meinem Vater und seiner Freundin und da mir meine persönliche Privatsphäre fehlte, nahm ich mir vor in meiner Heimatstadt, eine neue Wohnung zu suchen. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedachte, dass mein Ex wohl arge Schwierigkeiten besessen hatte, aus der Wohnung raus zu kommen. Immerhin stand ich noch im Mietvertag und ich hatte nicht die Möglichkeit gehabt, mich daraus heraus zu kündigen. Hinzu kam noch die Situation mit der DEW, der es wohl aufgefallen war, dass mein Ex Strom gestohlen hatte. Dies war natürlich klar gewesen, weil er ja auch nicht sonderlich ein Geheimnis daraus gemacht hatte. Jedenfalls war ich, am 02.10.2012 wieder auf den Weg zurück nach Dortmund. Es gab hierbei nur ein kleines Problem, was unweigerlich wohl, größer werden sollte. Ich war im Hunsrück beim Jobcenter gemeldet und bekam auch regelmäßig meine Leistungen vom Amt. Natürlich musste ich mich komplett neu orientieren und das benötigte Zeit. Nur ohne einen Führerschein auf den Dorf eine Arbeitsstelle zu finden, die auch zu einem passte, war schier unmöglich gewesen. Somit war mir klar, dass ich wieder zurück nach Dortmund musste. Ich ging allerdings irrtümlich davon aus, dass das Jobcenter meine Akte aus dem Hunsrück, erhalten würde und aus diesem Grunde, zog ich einfach wieder zurück. Da ich noch keine eigene Bleibe hatte, musste ich für ein paar Wochen - zumindest so lange, bis ich was gefunden hätte - zu meiner Mutter ziehen. Begeistert war sie darüber nicht und ich, wohl bemerkt, auch nicht. Aber was sein musste, das musste eben sein.
Nach dem Einheitsfeiertag ging ich dann zum Jobcenter, um die Weiterführung des Antrages zu beauftragen. Doch dies wäre so einfach, wie ich mir dies vorgestellt hatte, nicht möglich gewesen, hieß es. Ich hätte vom Amt aus dem Hunsrück, eine Umzugsgenehmigung erbringen müssen und hätte nicht einfach meine Wohnung verlassen dürfen. Blöd gelaufen, denn immerhin war ich nun in der Stadt zurück. Zudem sollte ich auch, einen komplett neuen Antrag stellen, weil es angeblich nicht möglich gewesen wäre, meine Akte aus dem Hunsrück, nach Dortmund zu übertragen. Da rechnete man mit so viel Digitalisierung in Deutschland und dabei war dies wohl nie eingetreten. Im Dezember 2012 erhielt ich dann endlich meine Leistungen und konnte mir auch entsprechend, eine Wohnung suchen, die ich dann auch letzten Endes, in der Dortmunder Nordstadt gefunden hatte. Dank meines Ex und auch, Dank meiner eigenen Dusseligkeit, erhielt ich einen Eintrag ins Mietregister und konnte mir auch keine Gesellschafterwohnungen mehr suchen. Es durften also nur noch Privatvermieter sein.
Gefahr in Verzug
Am ersten Weihnachtsfeiertag dann, bezog ich meine Wohnung, nachdem ich in der Vorwoche die Schlüssel erhalten hatte. Nur mit einem Schlafsack, meinem Laptop dem iPad und meiner Festplatte, bezog ich diese Bude, die 37m2 groß war. Eine Mansarde, oder einen eigenen Keller, besaß ich nicht. Dafür aber meine Ruhe. Naja, dies dachte ich zumindest. Ich kaufte mir an der Bude, neben meiner neuen Wohnung, eine 1L-Flasche Vodka, eine Fanta und setzte mich auf meinem Schlafsack, hörte Musik, schaute Filme so gut es eben ging und ich versuchte mir bei "Planet- / (Gay)romeo" eine neue Liebe zu suchen. Das Problem mit dem "Suchen" allerdings, lernte ich recht schnell kennen. Wenn man etwas suchte, konnte man es auch nicht finden. Bevor ich damit begonnen hatte, mir die Flasche Vodka in die Binsen zu kippen, warf ich einen Blick aus dem Fenster. Ich wohnte in der vierten Etage und machte dies immer so, wenn ich irgendwo neu war. Mich interessierte sehr, das Nachtleben. Ich öffnete den Vorhang und sah eine Gruppe, junger Männer türkisch-arabischer Herkunft, die sich offenbar dort gestritten hatten. Vor meinen Augen, zog eines dieser Typen ein Messer und verschwand in der Straße um die Ecke, aus meinem Blickfeld. Um Schlimmeres zu verhindern rief ich, an meinem ersten Abend dort, die Polizei. Naja, ob diese Gegebenheit jemals aufgeklärt werden konnte oder jemand verletzt wurde, bekam ich leider nicht mehr mit. Aber ich denke schon, weil danach wirklich Ruhe herrschte.
Ich legte mich dann irgendwann, nachdem ich sturzbetrunken war, in meinen Schlafsack und schlief meinen Rausch aus. Die erste Nacht alleine in dieser Wohnung, mit all den seltsamen Geräuschen und Gerüchen, kam mir einfach nur seltsam vor, sodass ich einfach nicht mehr schlafen konnte. Die Nachtspeicherheizung sorgte dafür, dass ich meine Raviolidosen auch ohne Herd, warm machen konnte. Es dauerte zwar sehr lange, aber ich hatte wenigstens etwas zu Essen. Naja und ich schlief, wann ich wollte, hatte Sex wenn ich wollte und lud meine wenigen und noch vorhandenen Freunde ein, wann ich wollte. Ich hatte auch diese schlechte Situation durchaus überlebt und konnte mich entspannt zurücklegen. Erst als im Januar die Möbelgeld-Pauschale ausgezahlt wurde, konnte ich meine Wohnung entsprechend einrichten.
Egal wie schlecht es mir eigentlich ergangen war, ich hatte auch zwischenzeitlich mal, ein paar schöne Momente erlebt. Bevor ich die Wohnung z.B. bezogen hatte, schlief ich noch ein paar Male, am Kanal. Aber nicht, weil ich es musste sondern, weil es mir irgendwie auch Spaß machte. Es gab allerdings einen Unterschied: Hatte man Geld besessen, machte es weitaus mehr Spaß, wenn man sich seine Verpflegung nicht eigenhändig fangen musste. Man konnte sich etwas kaufen und sich irgendwo hinsetzen und sein Essen auf einem Grill zubereiten. Es gab keine Grenzen außer, die Wasserschutzpolizei des Kanals, sorgte dafür, dass man die Platte putzen musste, was glücklicherweise nie vorgekommen war. Ich würde sagen, dies so mit Abstand, mein Tiefpunkt gewesen war. Irgendwie war ich mir sichergewesen - damals - dass es noch tiefer gehen könnte. Aber ich machte mir nur kurz diese Gedanken.
Meine Blog-Serie endet hier nun. Denn, wenn ich nun weiter aus dem Nähkästchen plaudern würde, dann ginge dies sicherlich noch, bis zum Ende des Jahres und wer möchte dies schon? Der Nächste Eintrag wird dann wieder, ein Gewöhnlicher werden, der sich im Hier und Jetzt befinden wird. Ich werde wohl heute Abend, frühestens morgen damit anfangen. Bis dahin, bleibt fröhlich. Vielleicht treffen wir uns irgendwo in Hanau, Maintal oder Frankfurt, in einem Biergarten.
Cheerio
Bilder: Chas York 2012
Text: Chas York / DD
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