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Tempus Fugit

Schwerte / Menden, 25.22.2020 – 11 Uhr – Artikel von: Björn Schubert (Chas York) – Lesedauer: „Es kommt nicht auf die Größe und die Länge an.“

Tempus fugit‘ zu deutsch: ‚Die Zeit verfliegt‘ ist eines der Sätze, welches mir jedes Mal wieder, ins Gedächtnis zurückgerufen wird, wenn ich Facebook durchstöbere. Das ist auch das Positive an Facebook, das es Erinnerungen wachhält. Erst gerade erhielt ich von Facebook und auch von OneDrive die Info, dass schon ein Jahr wieder vergangen war, als ich den ersten großen Artikel, auf dieser Seite gesetzt habe.
Die Zeit vergeht wirklich, wie im Fluge. Eben noch die Corona-Maßnahmen eingehalten und sich selbst gefragt, wie lange der Krempel eigentlich schon geht und dann, schaue ich auf Facebook und sehe, dass bereits ein Jahr vergangen war und ich die Maske inzwischen, als selbstverständlich angesehen habe. Damals im Oktober, genau heute vor einem Jahr, herrschte in Schwerte, die Maskenpflicht in der Innenstadt unter freiem Himmel. Dann kam auch kurz danach, der Lockdown-Light und alles war danach, irgendwie im Eimer. Geschäfte waren geschlossen, die Menschen waren frustriert und Schwerte selbst, glich einer Geisterstadt. Heute ist allerdings wieder, etwas mehr Leben in Schwerte eingekehrt. Die Läden, die den Lockdown nicht standgehalten haben, machten Platz für neue Geschäfte, die Leute laufen wieder durch die Straßen und nach 2 Jahren, tummelt sich wieder das bunte Treiben, auf der Herbstkirmes in der City. Normalität oder vielleicht doch eine Sensation in diesem Jahr, bevor der nächste Lockdown der Ungeimpften kommt? Man munkelt und grübelt. Jedoch sieht nichts danach aus, dass es in nächster Zeit, zu einem neuen Lockdown kommen wird. Auch ist davon die Rede, den pandemischen Notstand zu beenden. Auch, wenn einige Regierungs-Personen, mit diesem Vorhaben noch gemächlich umgehen. Die Ampel steht nicht nur im Bundestag auf grün, für eine neue Zukunft und mit einer großartigen Aussicht auf das neue Jahr.

Aber...

Falls nun alle denken, die Pandemie sei endgültig zu Ende, der irrt. Obwohl noch alles offen ist, sollte man es dennoch nicht, auf die leichte Schulter nehmen. Immerhin ist die Gefahr durch eine Infektion noch gegeben. Gebannt ist sie noch lange nicht und das wird einem deutlich gemacht, wenn man auf die Kirmes geht. Der erste Gedanke, der mir in den Kopf gekommen war: „Da darf ich doch, als Ungeimpften eh nicht drauf.“, danach gab ich mir einen Ruck und bin einfach hingegangen. Ich wollte mich davon überzeugen, ob es wirklich eine Zugangsbeschränkung geben würde, wo man nach den Impfpässen gefragt hätte. Als ich dann mitten im Getümmel war, hatte ich einen zweiten Gedanken. „Okay, kontrolliert wurden wir nicht. Aber vielleicht passiert das dann, wenn man irgendwo drauf will?“ und meine Augen waren groß, als ich lediglich die Desinfektionsmittel-Ständer dort stehen sah und hier und dort mal, den Hinweis zu einer Maskenpflicht gesehen hatte. Aber sonst, waren alle Fahrgeschäfte ohne Beschränkung nutzbar gewesen.
Für mich hatte der Gang über die Kirmes, einen Hauch Normalität beschert. Fast wie Weihnachten, Geburtstag, Silvester und Lichterfest zusammen. Es fehlte lediglich das Feuerwerk, das den krönenden Abschluss markiert hatte. Das Einzige, was an Corona noch ein wenig mahnte, waren die Desinfektionsmittel-Ständer, die Schilder zur Maskenpflicht an den Ständen und die Gegebenheit, dass ich meine Maske aufgesetzt hatte, wenn sich der nötige Sicherheitsabstand nicht sonderlich einhalten ließ. Das muss man sich mal vorstellen; es ist eigentlich schon peinlich, dass ich gefühlt der Einzige dort war, der mit einer Maske herumgelaufen war und da folgte in meinem Kopf, der dritte Gedanke: „Was haben die Medien, mit mir gemacht?“, obwohl die Gefahr einer Infektion, nicht mehr sonderlich groß ist, setze ich dennoch draußen meine Maske auf, wenn mir fremde Menschen entgegenkommen? Besonders schlimm ist es, wenn Kinder in meinem Umfeld, husten oder niesen. Ruckzuck, ist mal eben die Maske gezückt, es wird die Luft angehalten und erst dann wieder eingeatmet, wenn die Maske richtig und fachgerecht, auf Mund und Nase sitzt. Ich weiß selber, dass dies bescheuert ist und, dass die Kids sicherlich nicht, der Schlüssel zum Infektionsgeschehen sind. Aber ich reagiere so überempfindlich. Die Menschen schauen mich auch schon blöd an, wenn sie im Vorbeigehen sehen, wie ich meine Maske aufsetze, wenn der Abstand zwischen mir und denen, nicht mehr als 1m beträgt. Es ist verrückt. Jedoch der Grund, wieso ich dieses Gefühl habe, es machen zu müssen, ist den Medien zuzuschreiben, die fast 2 Jahre lang, nur die Panik forciert hatten. Ich bin ein richtiges Medien-Opfer geworden. Obwohl ich die Medien eigentlich nicht sonderlich für voll nehme, scheint mein Unterbewusstsein, gewisse Dinge aufzusaugen, wie ein Schwamm eine Ladung Wasser. Teilweise habe ich sogar Ängste vor gewissen Situationen, in denen ich vor Corona, überhaupt nie eine Angst entwickelt hatte.

Ich bin eine Memme, eine Mimose zu der mich die Medien geformt haben. Da ich ja, vom Psycho-Sozialen-Trägerverbund betreut werde, habe ich meinem Betreuer, der einmal die Woche zu mir kommt gefragt, worin ich denn eigentlich psychische Hilfe benötigen würde. Heute weiß ich, dass es mir noch beschissener gehen würde, wenn ich damals die Entscheidung, gegen eine Betreuung gefällt hätte. Klar, bekomme ich mein Leben auf die Reihe. Ich gehe einkaufen – nicht alleine, aber ich tue es – ich halte meine Ämtertermine immer pünktlich ein und kümmere mich auch, um andere organisatorische Dinge. Dafür benötige ich auch keine Hilfe. Aber, wenn ich mal psychische Schübe habe, die ich mit meinem Mann oder Anderen, nicht besprechen kann, ist der PTV dann doch schon, eine recht gute Lösung und das komplett, ohne Psychopharmaka oder sonst etwas Dergleichen. Der Betreuer meinte einst mal zu mir, dass ich das Thema ‚Corona‘ zu stark an mich heranlassen würde. Ich verneinte seine These. Doch im Nachhinein, fällt mir doch schon auf, dass ich das vielleicht nicht bewusst an mich heranließ, dafür aber unterbewusst, was mich dann wiederum, zu einer Memme geformt hatte.

Wann hatte ich meinen besten Moment?

Es gab viele Momente in meiner Vergangenheit, die schön, schillernd und vibrierend waren. Der erste schwule Freund, von dem jeder nun endlich erfahren durfte, die erste Hochzeit, das Gefühl, der Nabel der Welt zu sein und der unglaubliche Stolz, den ich einst mal hatte, in diesem Land leben zu dürfen. Ja, damals wollte ich sogar Bäume ausreißen. Mitunter folgten auch, reihenweise emotionale Tiefschläge, die mich für einen Moment aber auch, in die tiefsten Abgründe gebracht haben. Jedoch gab es einen Moment – abgesehen von der Zusammenkunft von meinem Mann und mir – der mir immer in Erinnerung bleiben wird. Es war der 15.09.2018. Ich und mein Mann hatten gerade die Wohnung in Schwerte, fertig eingerichtet und es war, nach dem Umzug, die erste Aktivität gewesen, die ich alleine unternommen hatte. Damals arbeitete ich noch, in einem Callcenter und telefonierte dort, für ein namenhaftes Kundenbindungsprogramm, welches seit 2000 seine Karten verteilt hatte. Damals hatte ich geglaubt, dass dieses Programm, niemals länger als 2 Jahre bestehen bleiben würde. Doch inzwischen, war es in ganz Deutschland zum Einsatz gekommen und hatte sich, als führend etabliert und ich durfte, für diese Firma, die mir mit ihren Punkten damals, schon mehrfach den Arsch gerettet hatte, arbeiten und die Kunden betreuen. Auf dem Gebiet war ich eigentlich schon recht erfolgreich gewesen. Allerdings verwehrte man mir immer wieder, neue Aufstiegschancen. Die Bezahlung war zwar nicht ganz so mies. Jedoch war es meistens so; hatte man mehr Geld, gab man auch meist mehr aus. Wir kamen also gerade so, über die Runden. Es war aber auch manchmal so, dass wir – sofern ich Überstunden gemacht hatte – auch mal ein gutes Plus auf dem Konto gehabt hatten. Nachdem wir nach Schwerte gezogen waren, änderte sich dies allerdings, weil die Miete entsprechend höher war, als die in der Vorwohnung.
Naja, wie dem auch sei, zurück zum besten Moment. An diesem 15. September-Samstag, arbeitete unser Team in Dortmund, nur bis 17 Uhr und danach sollte es dann, zur langersehnten Geburtstagsfeier von PAY**** gehen. Immerhin wurde diese Firma 18 und dies musste, groß gefeiert werden. Schon Tage vorher, ging eine große Liste herum, mit Musikwünschen, die sich jeder aussuchen durfte. Bei mir war das Problem halt, dass mir keine guten Party-Kracher eingefallen waren, weil ich aktuelle Songs eher vermieden hatte. Ich hatte meine Herbst-Liste mit Songs aus meiner Vergangenheit bei ‚Spotify‘ und die hörte ich, in diesem Monat rauf und runter. Mir war klar, dass davon sicherlich keinem was gefallen würde. Ich gab nur zwei Lieder ab, die mir eingefallen waren und wartete dann, nach Feierabend im Pausenraum. Nachdem jeder seine letzten Telefongespräche beendet hatte, trafen wir uns alle im Pausenraum und die Chefin und Mutter aller Schäfchen in diesem familiären Stall, holte einen Sekt aus dem Kühlschrank. „Trinken am Arbeitsplatz?“, war mein Gedanke daraufhin. Als ich die Chefin fragte, ob dies okay wäre, meinte sie: „Sobald die Arbeit beendet ist, ist Wochenende. Also trink!“ es war egal, wo wir getrunken hatten und wir hatten schon, direkt im Bürogebäude, vorgeglüht.

"Der Sekt schmeckt scheiße!"

, haute ich dann lachend einen raus und die Chefin nippte an ihrem Glas und meinte daraufhin: „Jap, du hast Recht. Kommt meine Schäfchen, husch-husch!“, dann gingen wir los und liefen im Verbund, zur U-Bahnhaltestelle ‚Kampstr.‘ direkt um die Ecke. Allein schon diese Gegebenheit, quasi am Arbeitsplatz, nach Feierabend wohlbemerkt, zu trinken, war für mich sowas von ungewöhnlich, sodass ich das Gefühl bekam, mich regelwidrig zu verhalten. Aber was die Chefin sagt, war Gesetz und so, ging es mir besser. Was Alkohol am Arbeitsplatz betraf, war ich sehr strikt und hielt mich immer an gewisse Gepflogenheiten. Nach einem Bier z.B., stieg ich nicht ins Auto und wenn ich mich besaufen wollte, dann auch nur, wenn ich mir sicher sein konnte, dass ich ohne Kater am nächsten Montag, zur Arbeit erscheinen würde. Es war niemals vorgekommen, dass ich betrunken oder mit einem Kater, zur Arbeit kam. Das war für mich einfach, ein No-Go. Obwohl, einmal passierte es doch mal, aber das ist ein anderes Thema.🤣
Mit der U47 Richtung ‚DO-Westerfilde‘ führen wir dann, bis 'Hafen' und das, worauf wir alle gewartet hatten, stand schon vor uns. Es war die ‚Santa-Monica II‘, ein Touristen-Schiff-Boot. So wie diese Rhein-Schipper, konnte man sich dieses Schiff vorstellen. Hochseetauglich, war dieses Gefährt zwar nicht. Aber es sollte ja auch nicht, in der Hochsee, sondern auf dem ‚Dortmund-Ems-Kanal‘ entlangschippern. Bevor wir das angelegte Schiff betraten, machten wir noch Fotos an der Anlegestelle und dann bestiegen wir, in Gemeinschaft, die Gangway der, wie ich sie gerne nannte „Titanic von Dortmund“. Das Schiff legte, nachdem alle an Bord waren, vom Hafen ab und es wurden die ersten Getränke bestellt. Ich bestellte mir eine Cola. „Björn, du bist doch ein Trottel!“, brummte die Chefin lachend. „Wieso?“, ich nippte gerade an meinem Getränk, als ich sie, mit einem verwegenen Blick ansah und gleichzeitig fragte. „Ja, weil du Pussy 'ne Cola trinkst.“, sie lachte mich aus. „Wenn ich jetzt besoffen bin, ist der ganze Tag im Eimer für mich. Erst möchte ich was essen, dann gebe ich mir die Kante.“, versprach ich lachend. „Das will ich aber auch hoffen.“, mit erhobenen Zeigefinger, schien sie mich zu ermahnen. „Sonst machst du zwei Monate, unbezahlte Überstunden.“, fügte sie lachend hinzu. Es hatte allerdings, einen anderen Grund gehabt, wieso ich noch nichts getrunken hatte: Ich wollte noch nüchtern sein, wenn ich ihr mein Geschenk überreichte. In mühevoller Filigranarbeit, erstellte ich ihr ihr am PC, einen Tag zuvor, eine Urkunde für ihre herausragende Arbeit in der Firma, worauf alle unterschrieben hatten und auch entsprechend, ihre finanzielle Unterstützung geleistet hatten.

Dinge, die nicht wiederkehren

Nachdem das Schiff eine knappe halbe Stunde unterwegs gewesen war, überreichten wir ihr die Geschenke. Sie hatte weder Geburtstag, noch war – verständlicher Weise – Weihnachten oder sowas. Nein, wir wollten Mutter-Firma einfach so, aus der Reihe hinaus beschenken und dies geschah, mit Erfolg. Ihr stand die Pipi in den Augen und sie freute sich einen Ast. Ja und dann, ging auch die Musik los und die Party, begann. Wir alle tanzten, stellten Szenen aus Titanic nach und waren fröhlich wie noch nie.
Dieser Party-Abend auf der Santa-Monica, zählte zu den denkwürdigsten Partys, die ich in meinem Leben bisher erlebt hatte. Niemand dachte darüber nach, was am nächsten Morgen, im nächsten Jahr oder, in zwei Jahren, passieren würde. Corona? Gab es da noch nicht und selbst die, die ich immer als Feinde eingestuft hatte, wurden meine Freunde. Auch, wenn die es vielleicht nicht so, für mich empfunden hatten. Dennoch bleibt dieser Tag für mich, in meinem Kopf. Jedes Mal, wenn ich den Film sehe, den ich an diesen Tag gedreht hatte, sehne ich mich wieder, nach diesem Schiff und dieser Party darauf und dem Team zurück. Meine Entscheidung dort zu kündigen, im Jahr 2019, war eines der Blödesten, die ich jemals treffen konnte. Solch einen familiären Zusammenhalt, leichtfertig aufs Spiel zu setzen, fällt einem niemals leicht. Könnte ich die Uhr zurückdrehen, würde ich mir selbst die Fresse polieren, dass ich jemals in Erwägung gezogen habe, diese Firma und dieses Team zu verlassen. Überall, wo ich danach war, dachte ich ständig an die alte Firma und wie viel besser ich es dort gehabt hatte. Tja, leider ist das nun Geschichte. Genauso, wie Corona eines Tages Geschichte sein wird. Jedoch, kann dieser denkwürdige Moment, niemals wiederkehren. Ebenso wenig, wie die Normalität, wie es vor Corona der Fall gewesen war. Bedauerlich. Eines stelle ich jetzt fest: Ich machte immer andere für meine Unzufriedenheit verantwortlich. Jedoch ist dies leider, nicht korrekt. Durch meine falschen Entscheidungen, etwa die, dem Callcenter-Team den Rücken zu kehren, die mir immer ein möglichst gutes Arbeitsklima bescheren wollten, baute ich mir meine eigene Hürden und Steine auf meinem Weg. Vielleicht, aber nur vielleicht, kann ich irgendwann dort, wieder anfangen und für das Punkteprogramm telefonieren. Zwar erhielt ich schon die Möglichkeit, für ein anderes Team in dieser Firma zu arbeiten, was aber definitiv nicht das gleiche wäre. Gäbe es eine Rückkehr, dann nur wieder, in dieses Team. Ich wollte meinen Weg gehen, mich finden und doch, habe ich nicht das gefunden, wonach ich gesucht hatte. Vielleicht ja doch… nur ist es jetzt, wegen meines dummen Fehlers für mich, nicht mehr erreichbar… In diesem Sinne…


Cheerio.

Für diesen Beitrag, gibt es keine Quellenangaben.

©️ by YORK INTERNATIONAL / VERLAG BJÖRN SCHUBERT 2021

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