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MLM - Abzocke der Neuzeit

Es beginnt über soziale Netzwerke

Schwerte, (VBS): Es beginnt über Facebook und Co. und verspricht einem, das große Geld. Doch die Frage die man sich stellen sollte ist folgende: Ist das legal? Wir von Y-INTERNATIONAL haben dieses Phänomen des Network-Marketings genau unter die Lupe genommen und eigene Erfahrungen mit einfließen lassen, um diesen Ratgeberartikel zu verfassen.

Alles begann am 27.05.2017 und ist damit schon, eine geraume Ewigkeit her. Trotzdem verfolgt einem diese Geschichte mitunter, den Rest seines Lebens. Nicht etwa, weil man grob fahrlässig Bockmist gebaut hat und dadurch eine Menge Geld verloren hat, sondern auch, weil man dadurch eine Lehre fürs Leben bekommen hatte. Zu den Spätfolgen dieser Angelegenheit, komme ich aber später noch. Ein recht gutaussehender junger Mann, türkischer Abstammung, schrieb mich auf Facebook, an diesem heißen Sommertag an. Zunächst ignorierte ich ihn, weil er mir nur, eine Freundschaftsanfrage geschickt hatte. Da ich zu diesem Zeitpunkt allerdings, in einem Callcenter in Vollzeit gearbeitet hatte, konnte ich nur in meiner Pause, oder nach Feierabend auf seine Freundschaftsanfrage reagieren. Die Frage war dann allerdings, wie ich darauf reagieren sollte. Immerhin gab es in dieser Zeit vermehrt Hackerangriffe auf Profile und eine Nachrichtensendung warnte mich am Vortag, sogar darüber. Erhält man eine Anfrage von einem vermeintlich Unbekannten, dann reagierte man eher skeptisch.

Skepsis überwiegt

Bild: Logo Organo

Nach einem stressreichen und eintönigen Arbeitstag, bei welchem man stets, dieselben Handgriffe Tag für Tag durchführte und Aufstiegsschancen einem, ziemlich verwehrt blieben, entwickelte man mit der Zeit, eine leichte Abneigung zur Arbeitsstelle. Besonders an diesem Tag bemerkte ich das extrem, nachdem ich bereits zum dritten Mal, für eine Beförderung abgelehnt wurde. Was sollte man auch erwarten, wenn man das Problemkind schlechthin war? Zumindest fühlte es sich für mich so an, als wäre ich eines. Schon seit ich meine erste Arbeitsstelle besuchte und vom Chef stets herumkommandiert wurde, träumte ich davon, mich eines Tages selbstständig zu machen. Nur mit dem Unterschied, dass ich aus meiner letzten Ehe und der daraus resultierenden Scheidung, relativ kreditunwürdig war. Während ich die Schulden erntete, bekam mein Ex, den ganzen verdammten Planeten geschenkt und ich musste zusehen, wo ich blieb. Als ich dann noch, die geschenkte American-Express Kreditkarte, mit integrierter PAYBACK-Funktion, regelrecht überzogen hatte und diese gekündigt wurde, stellte ich fest, dass ich sehr, über meine Verhältnisse gelebt hatte. Die Scherben dieser Karte, schaffte ich aber, noch aufzusammeln und wieder zusammen zu setzen.

Während ich mich auf dem Heimweg befunden hatte, entdeckte ich die Freundschaftsanfrage von diesem türkischstämmigen jungen Kerl, der auf Anhieb eigentlich, einen oberflächlich, freundlichen Eindruck auf mich machte. Natürlich wollte ich umgehend in Erfahrung bringen, wie dieser Mensch denn auf die Idee gekommen war, mich als Freund hinzuzufügen. Also hakte ich, nachdem ich die Freundschaftsanfrage bestätigt hatte, umgehend nach. "Kennen wir uns?" und erstmal folgte daraufhin, keine Beantwortung. Später dann, folgte eine Antwort von ihm: "Man kennt sich nicht persönlich. Aber nicht wundern, knüpfe gerne Kontakte, wegen meiner Selbstständigkeit.", schrieb er mir und ich war ziemlich erstaunt darüber, dass er offenbar, meinen Wunschtraum erzielt hatte.  

"Naja, was machst du denn?", skeptisch hakte ich nach, weil so einfach es niemals sein konnte, sich selbstständig zu machen. Immerhin versuchte ich das ja auch, seit dem Ende meiner Jugend und sammelte wenig Erfolge bislang. "Vertrete ein kanadisches Unternehmen im Bereich Kaffee, Tee und Kakao und baue das hier, ganz frisch in Deutschland auf. Was machst du beruflich?", er erklärte mir, was er denn mache und stellte mir diese Frage, in einer weiteren Nachricht. "Ich arbeite in einem Callcenter.", antwortete ich. Normalerweise würden mich die meisten Leute darauf fragen, in welchem Bereich ich tätig wäre. Jedoch schien ihm das wohl, recht wenig zu interessieren.

Nach weiteren Smalltalk-Fragen, wollte er wissen, ob ich zufrieden in meinem Job wäre, was ich ihm natürlich verneinte. Zwar nicht direkt, aber dennoch unterschwellig. Über kurz oder lang, nach drei Tagen, die wir schrieben, wollten wir uns treffen. Seine Geschäftsidee mit dem Network-Marketing schien auf mich, ziemlich lukrativ zu wirken und im Internet fand man auch nicht wirklich etwas Negatives über diese Firma "ORGANO" von der ich bislang noch nie etwas gehört hatte.

Heilpilz inside

In diesen Kaffee, Tee und Kakao-produkten, sollte der asiatische Heilpilz "Ganoderma Lucidum" enthalten sein, der angeblich eine entschlackende Wirkung haben sollte. Bis zu diesem Tag, hörte ich weder etwas von diesem Pilz, noch von dieser Kaffee-Marke. Zuerst dachte ich, dass es sich bei diesen Pilz um ein psychodelisches Rauschmittel handeln würde und, dass dieser garantiert illegal sein würde. Doch der freundliche Herr, der etwa in meinem Alter war, überzeugte mich, bei einer Probe vom Gegenteil und geschmacklich, war der Kaffee auch nicht schlecht. Der erste Schluck hingegen, schmeckte zwar etwas gewöhnungsbedürftig. Jedoch nach dem Zweiten, war es dann nicht mehr ganz so schlimm. Vermutlich lag es auch daran, dass ich drei Löffel Zucker hinein gegeben hatte, weil ich keinen Kaffee ohne Zucker zu mir nahm. Trotzdem behielt ich diesen Pilz immer im Hinterkopf und erwartete stets, eine seltsame Wirkung, welche mir nicht gefallen, oder meine Befürchtungen bestätigen würde, was aber nie eingetreten war.

Zwei Wochen durchgehend, sollte ich den Kaffee probieren und mich selbst davon überzeugen, dass das Produkt, welches er mir in Form von Tütchen mitgegeben hatte, hochwertig genug wäre, um dieses Produkt selbstständig zu vertreten. Sofern ich davon überzeugt werden sollte, dürfte ich in seinem Team beitreten, die diesen Kaffee und die weiteren Produkte vertreiben würden hieß es. Ich wollte daraufhin, mein Glück versuchen und entsprechend, in sein Team mit einsteigen.

Ich wollte mitmachen

Die Überredungskünste dieses jungen Mannes, waren so dermaßen überzeugend, sodass ich entgegen meiner Skepsis mich, in sein Team einschreiben wollte. Doch, um dies möglich machen zu können, hätte ich ein Paket dieser Produkte bestellen müssen. Je höher das Paket, umso höher stieg ich im Multi-Level-Marketing-System auf. Ich erhielt daraufhin, die Möglichkeit zwischen drei Pakete zu wählen

  • Bronze: Kostete etwas über 100€
  • Silber: lag schon bei rund 400€
  • Gold: Etwa so bei 800€

und ob es jetzt ein Platin-Paket gab, das weiß ich inzwischen nicht mehr, weil dieses Paket wohl zu hochpreisig gewesen wäre. Unter Umständen kann es auch sein, dass das Silber-Paket auch bei 800€ gelegen hatte. Genau weiß ich das jetzt nicht mehr. Ich wählte das mittlere Angebot aus, weil ich laut seiner Info, dadurch mehr Provisionen erhalten würde. Da ich dieses Geld allerdings nicht hatte, stand ich kurz davor, mein Vorhaben in sein Team gelangen zu wollen, abzubrechen. "Du kannst dir, eine gratis Kreditkarte bestellen, die du nur einmal benutzen musst, um dir das Paket zu bestellen. Danach kannst du die Karte zerschneiden und brauchst sie nie wieder.", behauptete er.

"Und wie zahle ich das wieder zurück?", fragte ich nach, weil ich durch die Erfahrung mit der AMEX immerhin wusste, dass niemand Geld verschenken würde. "Wenn du eifrig mitarbeitest und aufsteigst, bekommst du so viel Geld, dass du es sofort abbezahlen kannst.", dies klang logisch, sodass ich mir diese Karte bestellte und eine Woche später, nachdem diese bei mir eingetrudelt war, kaufte ich das Paket für rund 800 Schleifen. Nun hatte ich, einige Tage später, die Produkte bei mir zuhause und stellte mir eine wichtige Frage: "Und was nun?", denn nun waren die Waren da. Aber ich hatte dafür keinerlei Verwendungsmöglichkeiten. Naja, außer den teuren Kaffee, im Wert von 22€ pro Schachtel, zu verschenken, oder selbst zu konsumieren.

Netzwerk

Um größtmöglichen Gewinn aus meinem Kauf ziehen zu können, sollte ich nun laut seiner Aussage, ein eigenes Netzwerk aufbauen. Wie dies funktionieren würde, hätte ich ihn gefragt. Er meinte, ich solle es genauso wie er machen, wahllos wildfremde Leute auf Facebook ansprechen. Dafür sollte ich mir allerdings, ein komplett neues Profil erstellen. Ideal sollte es eins sein, in welchem ich meinen realen Namen angeben würde. Irgendwie wollte ich das aber nicht so wirklich und machte dies sogar, widerwillig. Joa und dann begann ich, wildfremde Leute anzusprechen, um sie von einem Produkt zu erzählen, von dem ich nicht mal viel wusste und auch noch gewisse Skepsis innehielt,  bezüglich des Pilzes und auch noch, wegen der horrenden Zahlung. Die Kreditkartenabrechnung, die einen Monat später ins Haus trudelte, sollte ich laut des Typens, ignorieren. Ich mache angeblich, richtig gute Fortschritte.

Das Geld war weg, die Nerven lagen blank und in meinem Freundeskreis, stieß ich auch immer mehr, auf Ablehnung Verdruss und erhielt nur noch mangelnde Unterstützung. Es hieß dann, es handele sich dabei, um ein Schneeballsystem. Doch dieses System, wäre laut Wikipedia und einigen Internetforen, illegal gewesen. Dieses sogenannte "Network-Marketing" allerdings, schien wohl legal gewesen zu sein und ich konnte nichts Negatives über diesen Kaffee, oder dieser Organisation herausfinden.

In den Miesen

Nach Monaten dann, stellte ich bezwungen fest, dass ich in diesem "Multi-Level-Marketing", kein bisschen aufgestiegen war, keine Gelder generiert hatte und auf den Kosten sitzen blieb. Da inzwischen auch schon Mahnungen dieser Kreditkarte ins Haus geflattert waren, musste ich mich dafür entscheiden, die Kosten aus eigener Tasche zu begleichen. Immerhin würde aus einer Kreditkartenabrechnung leider, ein Pfändbarer Gerichtstitel werden, wenn ich diese Zahlung nicht mal langsam beglichen hätte. Das Problem hierbei war aber, dass die Bank ihren Sitz in Belgien hatte und Auslandsüberweisungen, von meiner Bank aus, nicht möglich gewesen waren. Ich nahm dann horrende Gebühren für eine Auslandsüberweisung im Kauf. Doch das Problem war allerdings, dass diese Firma schlussendlich, die komplette Summe haben wollte, nachdem sie die Karte gesperrt hatte. Nie im Leben hätte ich, eine inzwischen angewachsene Summe, in Höhe eines Monatsgehaltes, auf einen Schlag abbezahlen können. Zumal diese Firma auch weiterhin, selbst nach der Übergabe an ein Inkassounternehmen, weiterhin im Ausland verblieben war. Eine Überweisung dorthin, kostete zusätzlich zu einer 100€-Rate nochmal 25,00€ an Gebüren. Soviel konnte ich nicht bezahlen und bat das ausländische Inkassounternehmen, die Summe nach Deutschland zu übertragen. Dies dauerte allerdings ein paar Monate, bis ins Jahr 2018 hinein.

Aus 800€ wurde dann mal eben 1100€ und musste diesen Betrag, an meiner gesetzlichen Betreuung weiterleiten, die meine Schuldensituation regelte. Die war mal so gar nicht begeistert darüber, weil sie mich zuvor auch gewarnt hatte, diese Ausgaben zu machen. Alle hatten mich gewarnt. Nur mit dem Unterschied, dass die Eurozeichen-Brille einem, ebenso wie die Rosarote, den Verstand vernebelt. In solch einer Situation, wenn man von solch einer Gegebenheit überzeugt ist, werden negative Meinungen und Ratschläge, schnell ignoriert.

Heute...

... bin ich 1200€ ärmer, habe Schulden noch und nöcher und zahle Raten ab, die nur einen Tropfen auf dem heißen Stein sind. Das einzige was ich aus dieser Situation mitnehmen kann, ist die Erfahrung und die spätere Lehre daraus, nie wieder solch eine Aktion zu starten. Naja, auf einer Art auch wieder gut, weil ich euch somit nämlich, vor solch einer Situation bewahren und euch sagen kann "Lässt die Finger von MLM" , denn für euch springt nichts dabei heraus. Diese Leute sind nur auf Geld aus und suchen Mittel und Wege, euch dieses aus der Tasche zu ziehen. Leidtragende seid ihr dann später und eventuell leidet auch eurer Freundeskreis darunter, indem ihr eure Freunde durch eure Engstirnigkeit, vor dem Kopf gestoßen habt. Hört auf eure Freunde und Familie und lässt euch bei soetwas stets absichern, wenn es möglich ist.

 

CY

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